Dobermannfrau Lucy berichtet:
Wir waren mit dem Auto unterwegs nach Österreich. Sandra musste tanken und hatte Druck auf der Blase. Mir war es langweilig im Auto, bis ich eine große Packung Trockenfutter entdeckte. Es gab kein Halten mehr, ich stopfte eine Krokette nach der anderen in mich rein. Göttlich. Sandra hatte das gar nicht mitbekommen. Sie kam zurück und ließ mich über die weit hinter dem Parkplatz gelegenen Wiesen sausen. Plötzlich wurde mir schlecht. Ich legte mich kurz hin. Auch nicht besser. Hinlegen, aufstehen, hinlegen. Die Kroketten kamen mir hoch, aber ich konnte mich nicht übergeben. Ich hechelte, würgte, wurde immer unruhiger. Ich wollte etwas Wasser aus einer Pfütze trinken, aber es ging nichts rein. Inzwischen war mein Bauch so groß wie ein Ballon und mich verließen die Kräfte. Ein anderer Gassigänger sah mich und lief aufgeregt zu Sandra. Dann ging alles blitzschnell. Der Mann und Sandra trugen mich ins Auto. Ich konnte nicht mehr aufstehen. Ab in die nächste Tierklinik, die glücklicherweise nur eine Autobahnausfahrt weiter war. Ich hatte eine Magendrehung. Notoperation.
Du willst wissen, was bei einer Magendrehung passiert? Unser Magen ist nicht richtig angewachsen. Er hängt flexibel an Bändern. Das hat den Vorteil, dass wir große Futtermengen fressen können, da er sich in alle Richtungen ausdehnen kann. Bei mir war das fatal. Das Trockenfutter quoll im Magen auf und durch die große Menge drehte sich der Magen um die Bänder herum. Der Magen im Kopfstand. Dadurch sind dann beide Ausgänge versperrt – nach oben über die Speiseröhre und nach hinten raus. Es bilden sich Gase, der Bauch bläht sich überdimensional auf. Die Gase und das Futter finden keinen Ausweg mehr. Es ist bei mir durch die schnelle Operation noch mal gut gegangen, aber sehr oft endet eine Magendrehung tödlich.
Das kann übrigens bei jedem Hund in jeder Größe und in jedem Alter passieren. Dobermänner wie ich, also Hunde mit einem großen Brustkorb, sowie Molosser, Doggen, Boxer, Beaucerons, Schäferhunde haben ein erhöhtes Risiko. Bei uns hat der Magen besonders viel Platz, sich um die eigene Achse zu drehen.
Nina Sauer ergänzt:
Sandra hat die leere Krokettentüte erst nach der Notoperation gesehen. Lucys Glück im Unglück war, dass der andere Hundebesitzer die Situation sofort erkannt hat und die Tierklinik keine 10 Minuten entfernt war. Bei einer Magendrehung zählt jede Minute.
Lange war man überzeugt, dass Herumtollen nach dem Fressen eine Magendrehung begünstigt. Bei Lucy war das so, aber man kann nicht ausschließen, dass es nicht auch bei einer ruhigen Weiterfahrt im Auto passiert wäre. Heute zeigen Studien, dass die meisten Magendrehungen aus Ruhepositionen heraus entstehen. Ich weiche das Futter von Mrs Buddy vorsorglich in Wasser ein, damit es nicht erst im Magen aufquillt. Und die verzehrte Menge spielt natürlich eine Rolle.
So eine Magendrehung ist eine ernste Sache. Ohne chirurgischen Eingriff überlebt ein Hund eine Magendrehung nicht. Sofort handeln und am besten schon auf dem Weg zur Klinik mit dem Tierarzt Ihren Verdacht besprechen, damit er die Operation vorbereiten kann. Wenn Sie sich geirrt haben, Glück gehabt. Lieber einmal zu viel in die Klinik fahren…..
Episode 39 aus dem Video-Kompaktkurs: „Mensch, frag mich doch einfach“ von Tierpsychologin Nina Sauer