Warum vertragen manche Hunde das Autofahren nicht?

Beauceron-Lady Mrs Buddy erzählt:

Oje, davon kann ich ein Lied singen. Schon die erste Fahrt vom Züchter in mein neues Zuhause bei Nina war fürchterlich. Ich saß mutterseelenallein hinten im Kofferraum des schwarzen Jeeps „Suzi“, ohne meine Geschwister. Von diesem Tag an sträubte ich mich bei jedem Einsteigen, strampelte, zeigte deutlich meinen Widerwillen. Mir wurde schlecht von dem Geschaukel im Auto und den schnell vorbeirauschenden Bildern. Und dieses ewige Pfeifen und der kreischende Motor.

Ich kotzte oder pieselte so ziemlich auf jeder Fahrt und machte das Auto geruchstechnisch unverkäuflich. Meine Angst vor Suzi steigerte sich. Wenn ich schon sah, dass Nina den Autoschlüssel einpackte, lief ich rückwärts oder versteckte mich. Ich winselte und hechelte, Frauchen setzte sich durch und war genervt. Ach, Frauchen, warum tust du mir das an?

Keiner ihrer Beruhigungsversuche half. Sie machte mir meine Höhle im Auto gemütlich mit vielen Decken und Kissen – das Erbrochene lag obenauf. Die Wirkung von Leckerlis und Spielsachen verpuffte. Zu große Anspannung. Frauchen setzte sich zu mir in den Kofferraum und las mir mit Engelsgeduld Geschichten vor. Schon besser, solange das Monster nicht fuhr und Frauchen bei mir war. Doch früher oder später ließ sie mich im Kofferraum allein, setzte sich nach vorn, und schon gingen das Geschaukel und die fiesen Geräusche wieder los. Neu war, dass Nina nun lauthals Lieder trällerte – noch ein Albtraum für die Ohren. Frauchen sang dreistimmig: laut, grottenschlecht und mit Begeisterung.

Wir kamen nicht weiter, professionelle Hilfe musste her. Das ging allerdings mächtig schief. Denn die Hundetrainerin war ein zusätzlicher Panikverstärker. Sie packte mich, schubste mich grob ins Auto, knallte die Heckklappe mit aller Wucht zu und sagte dazu nur: „Na geht doch! Erledigt.“ Ich, wieder im dunklen Loch eingesperrt, war im Kriegsmodus mit der schwarzen Suzi und hatte mehr Angst als je zuvor.

Nina Sauer ergänzt:

Mrs Buddy war bis zu unserer ersten Autofahrt noch nie allein auf sich gestellt und kannte auch keine Hundebox. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass bereits eine so kurze fünfminütige Fahrt Trennungsstress auslösen könnte.

Das von Mrs Buddy beschriebene Pfeifen kam von den Seitenfenstern und dem geöffneten Schiebedach. Rotierende Maschinen, wie der Motor, sind für das feine Hundegehör schwer erträglich. Das laute Zuhauen der Autotüren kann Vierbeiner in Angst und Schrecken versetzen. Der noch nicht fertig entwickelte Gleichgewichtssinn bei jungen Hunden begünstigt Übelkeit. Bei Mrs Buddy kam alles zusammen. Weder mein Gesang noch Leckerlis oder Spielsachen wirkten euphorisierend. Einmal mischte ich Rescue-Tropfen in ihr Futter. Auf dem Weg zum Auto legte sie sich auf die Treppe, schlief ein und schnarchte.

Mrs Buddy hatte ihre Ängste explizit mit meinem Suzuki verknüpft. In anderen Autos gab es kaum Probleme. Deswegen tauschte ich mein Auto für ein paar Wochen mit einem Freund und fing erst danach mit „Gewöhnungstraining“ noch mal von vorn an. In kleinen Schritten das Auto von außen und innen inspizieren, zunächst ohne laufenden Motor. Parallel übten wir das Alleinbleiben.

Episode 117 aus dem Video-Kompaktkurs in Hundepsychologie: „Mensch, frag mich doch einfach“ von Tierpsychologin Nina Sauer:

www.mensch-frag-mich-doch-einfach.com